Es war nicht einfach, einen Parkplatz zu finden. Schwetzingen schien mehr Politessen als Einwohner zu haben. Ich
hielt gerade neben dem Tor des Haupteingangs an, da kam bereits die erste mit klischeehaft roten Haaren und strenger
Miene auf mich zugestapft. Ich konnte sagen, was ich wollte, die Politesse wollte meine Ausnahmegenehmigung nicht
akzeptieren. Ausnahmen gebe es in dieser Stadt nur für den Bürgermeister und ein paar seiner Freunde, meinte sie.
Außerdem würde ich den Verkehr behindern. Darüber war ich mehr als erstaunt. Der komplette Straßenbereich vor dem
Schloss war verkehrsberuhigt. Gewaltige Tafeln kündigten Radarkontrollen an, die bestimmt zur Refinanzierung des
Schlosses dienten. Um Aufsehen zu vermeiden, knickte ich, es war bestimmt das erste Mal in meinem Leben, vor so
viel Ordnungsmacht ein.
Zunächst interessierte mich weniger die Geschichte des Schlosses und des Parks als die schematischen Karten am Ende
des Buches. Schnell erkannte ich, dass neben dem Erdgeschoss, das Kapelle und Verwaltung beherbergte, die ersten
beiden Obergeschosse museal ausgebaut waren. Von einem dritten Obergeschoss konnte ich in dem Führer auf die Schnelle
nichts finden. Mein Blick in Richtung des mächtigen Schlosses zeigte mir allerdings unverkennbar, dass es dieses
und ein zusätzliches Dachgeschoss gab. Doch wie sollte ich da hinkommen? Wenn mein Wissen über die Wittelsbacher
Zeit eine Nuance besser wäre, könnte ich mich der Verwaltung inkognito als neuen Führer durch das Schloss anbieten.
Schwetzinger Schloss
Schloss Schwetzingen ist ein Schloss in Schwetzingen, welches vor allem den pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp und
Karl Theodor als Sommerresidenz diente. Bekannt ist auch der im 18. Jahrhundert angelegte Schlossgarten. Jährlich finden
im Schloss die Schwetzinger Festspiele und alle zwei Jahre das Lichterfest statt.
Das Bauwerk wurde in mehreren Bauabschnitten ab dem Jahre 1697 errichtet und ausgebaut. Im Jahr 1752 wurde eine
Gartenerweiterung auf dem damals rund 70 Hektar großen Areal vorgenommen. Im gleichen Jahr wurde auch das Schlosstheater
eröffnet. Obwohl das Schloss seit der Verlegung der Residenz des Kurfürsten Karl Theodor von Mannheim nach München im
Jahr 1778 kaum mehr benutzt wurde, wurde in der Folgezeit am Garten weiter gearbeitet. Unter Karl Theodor war
Schwetzingen Sommerresidenz: Die Hofhaltung wurde in den warmen Monaten von Schloss Mannheim nach Schloss Schwetzingen
verlegt. Die Schlichtheit der Wohnungen des Kurfürstenpaares und eine größere Informalität der Umgangsformen waren
Ausdruck eines vorgeblich einfacheren, unbeschwerten „Lebens auf dem Lande“. (Quelle: Wikipedia)
Das Schwetzinger Schloss in "Ahnenfluch" - Das mysteriöse 3. Obergeschoss
Das Schloss überstand die Weltkriege weitgehend unbeschadet. Dadurch ist der Flair der vergangenen Jahrhunderte vollständig
erhalten geblieben. Da insbesondere im 18. Jahrhundert ständig um- und ausgebaut wurde, gibt es zahlreiche versteckte Ecken
und Geheimnisse. Schauen Sie sich das obenstehende Bild an, es wurde innerhalb des offiziellen Museumtrakts gemacht. Tausende
Besucher laufen vorbei, ohne die Geheimtür zu entdecken. Um es Ihnen nicht ganz so schwierig zu machen, haben wir die
Tür leicht geöffnet. Das Rätsel der Tür soll hier verraten sein: Dahinter verbirgt sich die Privattoilette Carl Theodors ...
Wolfgang Schroeck-Schmidt, Angestellter des Schlosses und Autor mehrerer Schlossführer sowie historischer Krimis, zeigte mir
nicht nur die ersten beiden museal ausgebauten Stockwerke. Das dritte Obergeschoss beinhaltet die (nicht renovierte) Welt
des 18. Jahrhunderts im Original. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hier hat der Hofstaat in engsten Verhältnissen
gewohnt und gearbeitet. Der Flur auf dem Foto gibt nur einen kleinen Einblick in die alles andere als lichtdurchfluteten
Räume. (Klicken Sie auf die Fotos um hochauflösende Aufnahmen zu erhalten)
Es ging weiter über quietschende Bohlen, die bei jedem Tritt mächtig Staub aufwirbelten. Kleine Schrankwände in denen sich
winzige Betten befanden, wurden tagsüber geschlossen, damit man den Raum andersweitig nutzen konnte. Große Teile der Küche
sind noch original erhalten, wie Sie dem nebenstehenden Foto entnehmen können. Nur zu gern würde die Schlösserverwaltung auch
diese Räume renovieren, doch wer hat heutzutage noch ein paar Millionen übrig?
Danach ging es mit Herrn Schroeck-Schmidt hinauf in den gewaltigen Dachboden. Hier kann man am Besten erkennen, wie das Schloss
erweitert wurde: An so manchen Stellen wurde an dem Dachgebälk einfach das Gebälk des Anbaus angeflanscht. Auf dem Dachboden kann man
Respekt bekommen vor den Architekten längst vergangener Zeiten. Auch statisch musste das damals schon gut berechnet worden sein,
denn sonst hätte das nicht bis in die Gegenwart gehalten. Zum Abschluss ging es hoch in den Turm und ich durfte das original
Uhrwerk bestaunen.
Weitere Informationen zum Thema:
Wikipedia: Schloss Schwetzingen
Wikimedia Commens: Fotos des Schwetzinger Schlosses
Landeskunde Online: Schloss Schwetzingen
Internetauftritt Schloss Schwetzingen
Fotos: Wikipedia (Schloss), Harald Schneider     
Palzki-Autorenseite     
Gmeiner Verlag